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AutorenbildSusanne Mühling

Februar 2021 - Fuerteventura

Ich muss sagen, je weiter wir dem Weg folgten, desto besser gefiel es mir.

Von La Oliva aus ging es weiter Richtung Tindaya. Nach einer leichten Steigung sahen wir auf eine wüstenähnliche Ebene runter mit ein paar Palmen in der Ferne, was wie eine Oase aussah, anscheinend ein feuchteres Gebiet.

Auch eine Ziegenfarm befand sich dort. Ziegenkäse ist eine Spezialität der Insel.

Der Queso Majorero wird aus roher Ziegenmilch hergestellt. Die Milch der Majorero Ziegen ist sehr fetthaltig. Man kann den Käse in verschiedenen Reifestadien geniessen.

Im Übrigen sind mir Agavenplantagen, Kakteen, Feigenbäume und Aloe aufgefallen.

Tindaya ist ein kleinerer Ort. Wir haben ein kleines Lebensmittelgeschäft, eine Ziegenfarm mit Käseladen und zwei Restaurants entdeckt. Die Häuser sind weitherum verstreut. Das haben wir auch schon bei anderen Dörfern festgestellt, durch die wir gekommen sind.

Unser Übernachtungsplatz war neben einem alten Herrschaftshaus, der Casa Alta, welches zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert gebaut wurde. Leider konnte man dieses Haus momentan nicht besichtigen. Das Besondere an diesem Haus, für die damalige Zeit, war, dass es zweistöckig gebaut wurde, woher möglicherweise der Name kommt und dass es einen Innenhof hat.



Die nächste Etappe führte nach Tefia, einem noch kleineren Dorf. Auf einem grossen Parkplatz, ausserhalb des Ortes, bei einem Freilichtmuseum, fanden wir einen ruhigen Übernachtungsplatz. Wir hatten dort zwei Tage pausiert, weil immer wieder starker Regen fiel.



Am 7.2. machten wir uns auf den Weg nach Valle de Santa Inés.

Zwischen Tefia und Valle de Santa Inés liegt Llanos de La Conceptión. Dort kamen wir an neueren Einfamilienhäusern vorbei, die alle ungefähr gleich aussahen. Die einzelnen Häuser waren von riesigen Grundstücken umgeben. Es war sehr interessant, wie die Umgebung von den jeweiligen Besitzern gestaltet wurde, von gar nicht, über Gerümpelhaufen bis zu wunderschön angepflanzten Parks.

Auch an Windmühlen sind wir vorbeigekommen. Valle de Santa Inés liegt etwas erhöht, in einem Geländeeinschnitt, welcher von Wasserläufen durchzogen ist. Das Wasser stammt von den Wolken, die der Passatwind über die Höhen treibt.


Der Weg von Valle de Santa Inés zum Aussichtspunkt Mirador Corrales de Guize war sehr gut geführt. Wir kamen an verschiedenen Landwirtschaftsbetrieben vorbei, welche terrassierte Flächen bewirtschaften. Die Aussicht beim Mirador war super, man konnte in der Ferne sogar Lanzarote sehen. Beim Aussichtspunkt stehen zwei grosse Statuen. Sie stellen die beiden Könige Guise und Ayoze dar. Im Norden herrschte Guise, im Süden Ayoze, bevor Jean de Béthencourt, ein französischer Ritter, welcher im Dienste Kastiliens stand, 1405 die Insel eroberte. Die Könige ergaben sich. Ihnen wurde das Leben geschenkt und sie erhielten auch Ländereien. Die Urbevölkerung starb an eingeschleppten Krankheiten. Um diese Geschehnisse nicht zu vergessen, wurden die Statuen errichtet.



Betancuria, unsere nächste Station, liegt in einem grünen Tal. Der Ort wurde von Jean de Béthencourt gegründet und trägt auch dessen Name. Es blieb bis 1834 die Hauptstadt der Insel. Der Ort wird gerne von Tagestouristen besucht. Es gibt mehrere gemütliche Restaurants mit sehr schönen Aussenbereichen, die aber bereits um17.00 Uhr schlossen. Wir gönnten uns einen Tapasteller in einem von ihnen und genossen eine kleine Käseauswahl der lokalen Spezialitäten.



Als wir von Betancuria zum Morro de La Cruz hochliefen, zogen Wolken über die Hügelrücken. Es nieselte immer wieder und die Sicht war miserabel. Dann kam wieder die Sonne zum Vorschein und die Hoffnung auf Wetterbesserung keimte auf, bis sie im nächsten Nieselregen wieder erstickt wurde. Das Restaurant am Aussichtspunkt war geschlossen. Trotz der schlechten Bedingungen begegneten uns immer wieder Leute, die auch da hochliefen.



Die Wanderung von Betancuria nach Vega de Rio Palmas konnten wir bei schönem Wetter antreten. Es ging stetig bergauf bis zur Krete, dann dieser entlang hinauf zum Morro del Cortijo. Dort hatten wir eine schöne Rundumsicht über weite Teile der Insel. Auf der andern Seite ging’s runter in einen Naturpark. Wir kamen durch einen lichten Wald kanarischer Kiefern, welche vor circa achtzig Jahren angepflanzt wurden.

Ein Parkwächter erzählte uns, dass es die letzten 12 Jahre fast nie geregnet hätte und alles braun gewesen wäre. Wir durften jetzt schon zum zweiten Mal miterleben, wie es auf einer kargen Insel immer grüner wurde.



Man durfte weder übernachten, noch parkieren im Naturpark. Am Anfang von Vega de Rio Palmas fanden wir einen Platz im Bachbett des Rio Palmas, welches auch als Piste dient. Das Wasser befindet sich unter der Erde. Direkt über uns drehte sich ein Windrad. Entlang des ganzen Bachbetts und auch an anderen Orten mit Grundwasservorkommen sieht man diese Windwasserpumpen. Bevor diese, kurz nach 1900, in Chicago erfunden worden waren und von dort zahlreich auf die Kanaren verschifft worden waren, beförderte man das Grundwasser mit Hilfe von Schaufelbrunnen an die Oberfläche. Die Windräder werden heute noch Chicagos genannt. Alte Schaufelbrunnen kann man noch an verschiedenen Orten auf der Insel sehen.

Fuerteventura hat das Glück, dass es über verschiedene Grundwasservorkommen verfügt. Heute gibt es natürlich die Meerwasseraufbereitungsanlagen aber früher, als die Insel noch spärlich besiedelt war, schaute jeder selber für sein Trinkwasser. Wo Grundwasser nicht zu tief zu finden war, erkannten die Bewohner dort, wo Tamarindenbäume wuchsen. Deren Wurzeln wachsen nicht so tief runter. Der Nachteil war, dass das Grundwasser sehr mineralisch und weisslich war und sich für Menschen so nicht zum trinken eignete. Deshalb hatte jeder Haushalt einen Klärkasten. Dort drin wurde das Wasser durch einen Vulkanstein gefiltert und tropfte unten als klares Trinkwasser heraus.



In Vega de Rio Palmas kehrten wir in der Casa de La Naturaleza ein. Das ist ein Restaurant mit einem wunderschönen Aussenbereich, mehrere Tische, romantisch, mit Privatsphäre, um einen Teich herum angeordnet. Dort trafen wir zwei deutsche Frauen wieder, welchen wir schon auf dem Wanderweg begegnet waren. Wir kamen ins Gespräch und dabei stellte sich heraus, dass Steffi im selben Dorf, wie wir zwanzig Jahre gewohnt hatten und ich aufgewachsen war, einen Freund hatte und auch für eine Weile dort gewohnt hatte. Das erklärte auch, dass sie sich gefreut hatte, ein Auto mit einer Aargauer Nummer zu sehen. Manchmal ist die Welt so klein.



Die zweite Nacht in Vega standen wir auf einem kleinen Parkplatz bei einer Brücke, in der Nähe des Restaurants. Am Morgen kamen viele Autos und parkierten dort und in der Umgebung. Es gab einen zweiten Wanderweg, der von dort, durch eine Schlucht, Richtung Ajuy führt. Die reinsten Völkerwanderungen bewegten sich in diese Richtung. Unser Weg führte zuerst dem Strässchen entlang, bis an sein Ende, dann über ein Seitental immer höher hinauf, über einen Hügelrücken, Richtung Toto und Pajara. Es grünte und blühte überall. Die Raben flogen über unseren Köpfen und unterhielten sich lautstark. Man hatte auch eine schöne Sicht auf das fruchtbare Tal hinunter.

Auf dem Rückweg hatten wir ein überraschendes Erlebnis. Ein Rabe begleitete uns bis weit hinunter ins Tal. Er flog uns nach und setze sich dann weiter vorn, in der Nähe des Weges hin und wartete auf uns. Jedesmal kam er ein Stück näher. Wir konnten bis auf etwa einen Meter auf ihn zugehen. Er blieb ruhig sitzen und schaute. Dies wiederholte sich ein paar mal. Als wir schon wieder weit unten im Seitental waren, machten wir Pause auf einem Bänkli. Plötzlich höre ich die Raben wieder. Ich dachte noch, der wird doch nicht bis hier her kommen, als ich ihn schon im Anflug sah. Direkt über dem Bänkli liess er sich auf der Mauer nieder. Nach einer Weile gab er Laute von sich und flog dann davon. Wahrscheinlich hatte er sich beschwert, weil's nichts zu Fressen gab.



In Pájara übernachteten wir beim Friedhof, ausserhalb des Ortes. Da endete die asphaltierte Strasse und es gab nur noch eine Piste, die weiterführte. Sicher ein ruhiger Ort zum Übernachten, dachten wir. Kurz vor drei Uhr nachts bin ich erwacht, weil Frank bei mir zum Fenster raus schaute. Er meinte, da stimmt was nicht, es würden immer mehr Autos kommen, dabei herrscht doch Ausgangssperre. Wir sahen dann Männer in Einheitskleidung die Strasse nach hinten gehen, wo die Piste beginnt. Wir fragten uns, was die da wohl machen, mitten in der Nacht. Eine Weile später hatten wir die Antwort. Ein Müllabfuhrwagen nach dem anderen fuhr vorbei. Es gab eine Halle, etwas weiter hinten, in der die Autos untergestellt waren. So kann man sich täuschen, was ruhige Plätzchen anbetrifft.



Von Pájara nach Cardón hatten wir eine längere Strecke mit einigen Höhenmetern vor uns. Zeitig machten wir uns auf den Weg. Es windete aber da es keine Wolken hatte, war uns das gerade recht. Von unserem Übernachtungsplatz beim Friedhof, ging es zuerst einer Piste entlang. Auf der linken Seite reihten sich grössere Äcker aneinander. Dann bog der Weg links ab, immer höher die Hügel hinauf. Da der Wind stetig zunahm, bis wir einander anschreien mussten, um uns zu verstehen und die Sicht immer schlechter wurde, drehten wir vorzeitig um. Bei Calima, dem warmen Wind aus Osten, der Saharastaub mit sich bringt, ist es sowieso nicht ratsam, sich zu lange draussen aufzuhalten. Der Wind trocknet extrem aus und der Staub dringt in Nase, Ohren und Augen ein, was sehr unangenehm ist.



Wir fuhren nach Ajuy, einem kleinen Fischerdorf und suchten Windschutz im Barranco de Ajuy, einem Bachbett.

Am nächsten Tag war die Sicht um einiges besser und wir schauten uns die Umgebung an. Die tosende Brandung hat mich wiedermal total fasziniert.



Als der Wind etwas nachgelassen hatte und die Sicht noch etwas besser war, folgten wir dem grünen (sehr schön) Wanderweg von Ajuy nach Vega de Rio Palmas. Der erste Teil, von Ajuy bis zur Schlucht war nicht speziell, mit Ausnahme der Madre de Agua mit dem Palmenwäldchen. Dieser Teil des Weges war auch nicht gepflegt. Mehrmals mussten wir suchen, wo‘s weitergeht.



In der Nähe der Schlucht blickten wir auf interessante Felswände. Von jetzt an wurde der Weg schön geführt und markiert. Zuerst ging’s in die Höhe und dann in die Schlucht hinein. Es war wunderschön. Beim Eingang der Schlucht schauten wir auf mehrere Palmen hinunter. Weiter hinauf sahen wir ausgewaschene Felsstufen mit kleinen Wasserbecken drin. Mitten in der Schlucht konnte man ein paar Stufen zu einer kleinen weissen Kapelle runtersteigen. Ganz oben war eine Staumauer. Über eine Treppe erreichte man die obere Ebene. Dann ging der Weg, immer wieder von Palmen und anderen Pflanzen gesäumt, eben weiter bis Vega de Rio Palmas.



Am nächsten Tag nahmen wir das fehlende Stück zwischen Pájara und Cardón in Angriff. Es waren wieder einige Höhenmeter zu bewältigen. An der steilsten Stelle mussten wir uns auf Händen und Füssen hochbewegen. Bis jetzt war dies die anspruchsvollste Strecke, welche wir zurückgelegt hatten. Wir begegneten mehrmals Ziegenherden, die vor uns die Flucht ergriffen. Auf Menschen trafen wir während der dreistündigen Wanderung nicht. Die Sicht war leider immer noch leicht Calima getrübt.